1945 – Wie in Mannheim alles begann Geschichte

Kaum hatten sich die amerikanischen Streitkräfte zum Ende des Krieges als Besatzungsmacht in Mannheim niedergelassen, konfiszierten sie die städtischen Sportanlagen. Der deutsche Fußball war nach den Kriegswirren noch nicht wieder in die Gänge gekommen, da kam die deutsche Jugend mit dem amerikanischen Volkssport Nummer eins – Baseball – in Kontakt.

Im altehrwürdigen Rhein-Neckar-Stadion und den umliegenden Plätzen trafen sich die Amerikaner bei jeder Gelegenheit, um mit Handschuh, Kappe und Keule ausgerüstet, einen Ball durch die Luft zu werfen, zu schlagen oder auch zu fangen. Der Sport hieß Baseball und war eines von vielen Produkten neben Coca-Cola und Kaugummi, das die Sieger des Krieges nach Süddeutschland und damit auch nach Mannheim „einschleppten“

Die Neuostheimer Hans-Norbert Jäger, Roland Hoffmann, Claus Helmig und andere gehörten zu den deutschen Jungs, die von Beginn an von dieser Sportart in ihren Bann gezogen wurden. „Auf dem Gelände des Rhein-Neckar Stadions haben wir den Amis immer zugeschaut, ich war damals neun Jahre alt“, erinnert sich Jäger noch genau. Auch für Roland Hoffmann blieb der erste Kontakt unvergessen: “Unser Haus war damals durch Offiziere kurzerhand konfisziert und draußen vor der Tür haben sich die Jungs die Bälle zugeschlagen.” Völlig fasziniert war die Neuostheimer Jugend als sie erstmals bei einem Spiel zweier amerikanischer Teams im Rahmen der Army-Liga dabei waren. „Das war eine unglaubliche Stimmung im Stadion als das Home Team – sie hießen Tornadoes – gegen andere Teams spielten. Da waren 6000 bis 7000 Zuschauer, und die Militärkapelle hat gespielt“, beschreiben Norbert Jäger und Roland Hoffmann die tolle Atmosphäre.

R. Geronimo McConnell

Nach einiger Zeit als Zaungäste hatten die Jungs auch schon das notwendige Rüstzeug um selbst ihren Idolen nachzueifern. „Wir haben die Handschuhe entweder geschenkt bekommen oder manchmal auch geklaut. Die angebrochenen Holzschläger zusammengenagelt und mit Isolierband umwickelt. Durch „Foul Balls“ lagen viele Bälle um die Plätze herum, die haben wir einfach aufgesammelt“, schildert Hoffmann, wie er an seine erste „Ausrüstung“ kam. Doch die Amerikaner, bekannt für ihre Kinderliebe, hatten ein Herz für die deutschen Buben. „Wir sind denen ans Herz gewachsen. Wir haben ihnen als Lauf-Boys Hot-Dogs, Hamburger oder Getränke gebracht, dafür fiel immer wieder mal was ab für unsere hungrigen Nachkriegsmägen“, beschreibt Jäger den Freundschaftsdienst zwischen Besatzern und Besetzten. Ganz besonders ans Herz gewachsen war den Jungs R. McConnell. Er war ihr Idol. Er spielte Centerfield, war ungeheuer schnell und konnte Fly Balls in vollem Lauf hinter dem Körper fangen. „Er hatte einen Schlagdurchschnitt von über 600 über mehrere Jahre hinweg“, schwärmt Norbert Jäger noch heute.

Mit der Zeit fanden immer mehr Jungs Gefallen am Baseball und so traf man sich in regelmäßigen Abständen, entweder auf amerikanischem Gelände oder auf dem Riesenareal des Neuostheimer Flughafens, um selbst zu spielen. „Anfangs haben wir gegen Jugendteams aus Käfertal oder Ramstein gespielt und natürlich immer ordentlich auf die Mütze bekommen, aber das war uns egal. Wir haben jeden Tag geworfen und geschlagen was das Zeug hielt und allmählich wurden wir immer besser,“ waren Hoffmann und Co. mit Feuereifer bei der Sache. „Wir haben jeden Tag mit Baseball verbracht, wir kannten die Namen der Spieler, sowie die heutigen Jugendlichen die Bundesligaspieler kennen, es waren eben unsere Idole. Ernie Banks war einer der ganz Großen.“ Die amerikanischen Mannheim Tornadoes, in deren Reihen nur Schwarze spielten, gewannen 1949 die GI-World Series. 5000 begeisterte Zuschauer feierten die beste amerikanische Militärauswahl der Welt. Auf ihren Mützen prangte ein großes T. Ganz klar für die Jungs: “Wenn wir mal einen Club gründen, kann der nur Tornados heißen!!” Mit einem Schmunzeln erinnert sich Norbert Jäger: „Es war wohl so um 1948, kurz nach dem Krieg, als die Amerikaner den ansässigen Deutschen ein Mal erlaubten, ein Zwischenrundenspiel um die Deutsche Fußballmeisterschaft im ehemaligen Rhein-Neckar-Stadion auszutragen. Allerdings erst nach dem Ende eines Baseballspiels… So kam wohl zum ersten Mal eine große Menge Mannheimer in Kontakt mit dem Sport Baseball. Denn alle wollten das Fußballspiel sehen, mussten sich aber erst ein Baseballspiel anschauen. Schon während des Spiels füllte sich das Stadion. Es wurde rappelvoll, sogar auf den Bäumen saßen die Fußballfans und schauten Baseball…“

So nahmen die Dinge ihren Lauf

Überall, wo Amerikaner militärische Stützpunkte errichtet hatten, holten sie mit zahlreichen German Youth Activities (GYA), deutsche Jugendliche auf ihre Baseballfelder. Anfang der 50er Jahre traten die Baseballer in Mannheim dem Sportverein TB Germania Mannheim bei. Die erste Mannheimer Baseball-Abteilung war gegründet.

Große Namen

Claus Helmig, Jürgen Helmig, Roland Hoffmann, Hans-Norbert Jäger. Wer kennt diese Mannheimer Namen nicht? Sie sind es, die untrennbar mit der Geschichte des Deutschen Baseballs verbunden sind. Auch heute noch sind diese Namen in Deutschland bei den Fans bekannt, da diese Herren über Jahre hinweg dem Baseball verbunden blieben und auch nach ihrer aktiven Zeit noch einen wesentlichen Einfluss auf die weitere Entwicklung des Baseballsports in Deutschland ausübten. Nicht mehr so bekannt, aber dennoch zu den Männern der ersten Stunde zu zählen, sind heute Namen wie Dieter Heller, Eduard Zimmermann oder Jürgen Brandt.

Roland „Rolles“ Hoffmann #18 (Catcher)

Southpaw Hans-Jörg Helmig


Der Mann mit der unglaublichen Kurve

Claus Helmig


Claus Helmig mit Hans-Norbert Jäger


Jürgen und Claus Helmig bei der Unterzeichnung ihrer Minor League Profiverträge bei den Baltimore Orioles

Hans-Norbert Jäger #10 (ShortStop)


Hans Norbert Jäger bei einer EM in Bologna (Italien)